Am 28. Jänner 2025 fand im Verfassungsgerichtshof der Festakt zur Verleihung des Verfassungspreises der Stiftung Forum Verfassung statt. Das junge Streichquartett „Chaos String Quartet“ sorgte mit Elan und mitreißenden Interpretationen von Stücken rund um das Thema „Innovation und Neuanfang“ für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung.

Der Verfassungspreis wird heuer erstmals und infolgedessen alle zwei Jahre an mindestens zwei herausragende Persönlichkeiten oder Personengruppen verliehen, die sich durch besonderes Engagement für die „Vermittlung und Darstellung der Bedeutung der Verfassung und der unabhängigen Verfassungsgerichtsbarkeit“ auszeichnen. Dabei werden sowohl wissenschaftliche Leistungen als auch Initiativen im Bereich der Vermittlung prämiert. Das Kuratorium der Stiftung Forum Verfassung ist mit der Aufgabe betraut, die Einreichungen zu sichten und die Preisträger:innen auszuwählen.

In diesem Jahr wurde der emer. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler mit dem Verfassungspreis in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet, der Preis für die Vermittlung der Bedeutung der Verfassung ging an die Demokratieworkshops von Missing Link der Caritas der Erzdiözese Wien.

Univ.-Prof. DDr. Dr. h.c. Christoph Grabenwarter, Präsident des Verfassungsgerichthofes und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Forum Verfassung, eröffnete die Preisverleihung mit den Worten: „Zum ersten Mal wird der Preis heute nicht vom gleichnamigen Vorgängerverein, sondern von der im Jahr 2023 mit Bundesgesetz errichteten Stiftung Forum Verfassung vergeben.“ In seiner Ansprache betonte er die zentrale Rolle der Stiftung in der Vermittlung an junge Zielgruppen und warnte gleichzeitig vor den globalen und nationalen Gefährdungen für Rechtsstaat und Demokratie. „Wir müssen nicht erst über den Atlantik blicken, um Gefährdungen und gefährliche Entwicklungen für Rechtsstaat und Demokratie auszumachen“, so Grabenwarter weiter. Die Preisträger:innen leisteten und leisten einen entscheidenden Beitrag zum Schutz und Erhalt demokratischer Werte.

Die Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Forum Verfassung, Univ.-Prof.in Dr.in Barbara Stelzl-Marx, betonte in ihren Grußworten den Wert des nachhaltigen Schaffens der Preisträger:innen: „Es liegt sowohl an Institutionen als auch an der Bevölkerung, die Verfassung in ihren Grundfesten ernst zu nehmen, zu stützen, zu schützen, zu leben und gemeinsam zum Klingen zu bringen. Die zwei Preisträger des Verfassungspreises haben in ihren langjährigen Tätigkeiten genau das auf ganz unterschiedliche Art und Weise getan.“

Univ.-Prof. Dr. Ewald Wiederin, stellvertretender Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Forum Verfassung, begründete die Entscheidung des Kuratoriums, Prof. Pernthaler für sein Lebenswerk im Bereich Wissenschaft mit dem Verfassungspreis auszuzeichnen, mit den Worten: „Peter Pernthaler ist ein literarischer Gigant und ein Gelehrter im besten Sinne des Worts. Er steht auf festem methodischem Fundament, er war immer aktuellen Themen zugewandt, er hat engen Kontakt zur Praxis gepflegt und er hat sich nicht auf die Analyse der Verfassung und der Auslotung ihrer Untiefen beschränkt, sondern war auch um ihre Fortentwicklung bemüht. Peter Pernthaler hat uns ein neues, ein breiteres Verfassungsverständnis erschlossen und er hat in unserer Verfassung tiefe Spuren hinterlassen.“

Prof. Pernthaler konnte bei der Preisverleihung in Wien nicht anwesend sein, ihm wurde der Preis am 3. Februar 2025 in Innsbruck am Dekanat für Rechtswissenschaften in Anwesenheit der Vizerektorin der Universität Innsbruck, Univ.-Prof.in Dr.in Janette Walde, des Dekans der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Innsbruck, Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer, vom Vorstandsvorsitzenden und stellvertretenden Kuratoriumsvorsitzenden der Stiftung Forum Verfassung übergeben. In seiner Dankesrede erklärte er: „Für mich ist die Verfassung ein lebendes Wesen und wenn man das so sieht, ist der Verfassungsgerichtshof das Herz dieses lebenden Wesens. Ich bin so glücklich über den Erhalt des Verfassungspreises, es ist für mich eine Bestätigung meiner Arbeit.“

Univ.-Prof.in Dr.in Barbara Stelzl-Marx erläuterte in ihrer Laudatio die Entscheidung, den Verfassungspreis in der Kategorie Vermittlung an die Demokratieworkshops von Missing Link der Caritas Wien zu verleihen: „Das Ansprechen von insbesondere jungen Menschen ist ein Anliegen der Stiftung. Gerade in dieser Zielgruppe setzt Missing Link an, in dem Personen ab ca. 14 Jahren adressiert werden. Fragen, die das eigene Werte- und Identifikationssystem betreffen, werden in diesem Alter gestellt – und Informationen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und demokratischen Werten bereiten den Boden für die weitere gesellschaftliche Partizipation der jungen Menschen in Österreich. Mit Wissen über Themen wie Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit oder Antidiskriminierung, können die Jugendlichen ihren weiteren Lebensweg in einer offenen und demokratischen Gesellschaft machen.“

Mag.a Mary Kreutzer, Leiterin von Missing Link, bedankte sich für die Auszeichnung: „Uns als Caritas bedeutet dieser prestigevolle und hochdotierte Preis für unsere Demokratieworkshops sehr viel. Dass in Zeiten wie diesen unsere Vermittlungsarbeit als Missing Link zwischen Mehrheitsgesellschaft, Staat und geflüchteten Minderjährigen im Bereich Rechtsstaat, Demokratie, Freiheit und Verfassungstreue gesehen, geschätzt und sogar ausgezeichnet wurde, gibt uns frische Kraft und Zuversicht – und nun auch neue Mitstreiter:innen für ein friedvolles und solidarisches Zusammenleben, in dem wir den vielfältigen Konflikten nicht aus dem Weg gehen, sondern sie gemeinsam zu lösen suchen. Herzlichen Dank dafür und bleiben Sie uns gewogen!“

Univ.-Prof.in Dr.in Verena Madner, Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung Forum Verfassung, gratulierte und bedankte sich bei den Ausgezeichneten mit folgenden Worten: „Ihre herausragenden Leistungen und ihr Engagement für die Verfassung sind – so hoffen wir – auch für andere in der Wissenschaft und in der der Zivilgesellschaft ein Ansporn sich auf vielfältige Weise für unsere Verfassung, Demokratie und Rechtstaat einzusetzen.“

Der Festakt in Wien und die Übergabe in Innsbruck endeten mit einem Umtrunk mit der Festgesellschaft und den Ausgezeichneten.

 

Fotos: Michaela Schierhuber und Katharina Schiffl

 

Vermittlungspreis

Missing Link führt seit mehreren Jahren sehr erfolgreich Workshops zu Demokratiekultur durch und verfolgt das Ziel, die Bedeutung von Demokratie und Grundrechten als Basis des guten Zusammenlebens erfahrbar zu machen, nicht nur, aber vor allem für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Die Demokratie-Workshops zielen darauf ab, den Teilnehmenden ein Verständnis über das demokratische System in Österreich, für die Umsetzung des Demokratieanforderungen im täglichen Leben sowie Kenntnisse der aus der Verfassung ableitbaren Rechte und Pflichten als Bürger:in/Bewohner:in Österreichs zu vermitteln. Dieses Ziel wird durch die akribisch konzipierten Workshops erreicht: Vor allem werden Absolvent:innen als Multiplikator:innen tätig und verbreitern somit die Vermittlungstätigkeit auf besondere Weise. In diesem durchaus schwierigen Feld zeigt Missing Link geradezu prototypisch und nicht zuletzt durch eine nachhaltige langjährige Tätigkeit, wie Vermittlungsarbeit als Best-Practice-Beispiel funktionieren kann.

Wissenschaftspreis

Peter Pernthaler hat sich um die rechtsdogmatische Erfassung und die rechtspolitische Weiterentwicklung der österreichischen Bundesstaatlichkeit höchste Verdienste erworben. Er wandte sich den brachliegenden wie den neu aufgebrochenen Problemen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zu und ging ihnen in Pionierarbeiten auf den Grund. Er arbeitete Konzepte zur Aufwertung des Föderalismus aus und fand mit ihnen Akzeptanz. Auch zur Demokratie, zur Rechtsstaatlichkeit, zu den Grundrechten und zur Verfassungsgerichtsbarkeit legte er grundlegende Analysen vor, die an konkreten Problemen ansetzten und für sie tragfähige Lösungen entwickelten. Der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes war er ein ebenso kritischer wie konstruktiver Begleiter.

Verfassungspreis

Der Verfassungspreis wird jedes zweite Jahr an zumindest zwei Personen oder Personengruppen als Auszeichnung für ihr besonderes Engagement für die Vermittlung und Darstellung der Bedeutung der Verfassung als Legitimationsgrundlage einer auf den Prinzipien der Demokratie, des Rechtsstaates, des Bundesstaates, der Gewaltentrennung und der Freiheit gegründeten Republik sowie der Bedeutung einer unabhängigen Verfassungsgerichtsbarkeit verliehen.

Die gesetzliche Grundlage für den Verfassungspreis und den Ablauf des Auswahlverfahrens ist § 4 des Bundesgesetzes zur Errichtung der Stiftung Forum Verfassung idgF.

(siehe Link zum RIS: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20012265 ).

 

 

Foto: Achim Bieniek